Ageing Society geht uns alle an

Der Anteil der über 65-Jährigen in der Schweizer Bevölkerung wird in den nächsten 30 Jahren auf rund ein Drittel anwachsen. Diese Entwicklung stellt die Gesellschaft vor gewaltige Herausforderungen. Das Innovationsnetzwerk AGE-NT will diesem Altersstrukturwandel aktiv begegnen und Lösungen für die Lebensqualität der Menschen bereitstellen. Gedanken zur Ageing Society und eine Übersicht zum AGE-NT-Netzwerk von Sabina Misoch.

Sabina Misoch

Mit dem demographischen Wandel wird sich der Anteil der über 65-Jährigen in der schweizerischen Bevölkerung in den nächsten 30 Jahren von aktuell 18 Prozent auf rund 30 Prozent erhöhen. Mit dieser Entwicklung stehen die verschiedensten Institutionen der Gesellschaft vor der Aufgabe, die damit verbundenen Herausforderungen zu bewältigen. Das nationale Innovationsnetzwerk AGE-NT leistet einen Beitrag dazu, diesem Altersstrukturwandel und den sich daraus ergebenden gesellschaftlichen Entwicklungen proaktiv zu begegnen und sozial verträgliche und nachhaltige Lösungen für die Lebensqualität der Menschen im dritten und vierten Lebensalter zu entwickeln und sicherzustellen. Auch die Vorbereitung auf diese Lebensphase wird durch koordinierte Massnahmen in enger Zusammenarbeit mit der Wirtschaft vorangetrieben.

Schweizweites Netzwerk

Das AGE-NT zu «Alter(n) in der Gesellschaft»/«Ageing Society» ist derzeit das grösste schweizweite Projekt mit dem Themenfokus Alter. Es handelt sich um einen Verbund aus kooperierenden Hochschulen, die unter der Gesamtleitung der Fachhochschule St.Gallen bis 2020 im Rahmen von multidisziplinären Projekten innovative, nachhaltige Strukturen erarbeiten werden. Grundprinzip des Innovationsnetzwerkes ist die inter- und transdisziplinäre Zusammenarbeit, so dass auf der Grundlage einer engen Kooperation mit Vertreterinnen und Vertretern aus Wissenschaft, Wirtschaft, Vereinen, Verbänden, Non-Profit-Organisationen, Stiftungen, Politik, Seniorenvertretungen und anderen relevanten Gruppen Lösungen entwickelt und gemeinsam vorangetrieben werden können. Vier Themencluster In vier thematischen Clustern arbeiten wissenschaftliche Expertinnen und Experten aus den Disziplinen Technik und Informatik, Bau und Architektur, Psychologie und Soziologie, Gesundheit und Pflege sowie aus den Wirtschaftswissenschaften eng mit Fachleuten aus der Praxis zusammen:

Active Assisted Living (AAL)

Die Fachhochschule St. Gallen und die Universität Genf bauen gemeinsam ein schweizweites «LivingLab 65+» auf, um technische Assistenzsysteme im natürlichen Wohnumfeld der Nutzerinnen und Nutzer unter Alltagsbedingungen zu testen. Ziel ist es, neue technische Innovationen zu überprüfen und zu optimieren. Damit sollen Menschen über 65 Jahren möglichst lange selbständig zu Hause wohnen können, mit hoher Lebensqualität und einem hohen Sicherheitsgefühl. Im Fokus stehen unterschiedliche Assistenz-Technologien. Die Ergebnisse werden zukünftig an Fachtagungen und Veranstaltungen vorgestellt.

Leben mit Demenz 

Im Themencluster «Leben mit Demenz» (FHS St.Gallen und Universität Genf) wird eine elektronische Wissensplattform entwickelt, die von Demenz betroffenen Personen, ihren pflegenden Angehörigen sowie weiteren Interessierten Zugang zu den neuesten Erkenntnissen, Projekten und Methoden im Umgang mit Demenz bietet. Zusammen mit nationalen Fachleuten und Instituten werden die zukünfigen Anforderungen an personenzentrierte Technologien für Menschen mit Demenz ermittelt und ein «Future-Dementia-Care-Lab» konzipiert. Dieses soll dazu beitragen, Pflegepersonen im Umgang mit technischen Hilfsmitteln zu schulen und die technikdidaktische Ausbildung in der pflegerischen Grund- und Weiterbildung zu verbessern.

Modelle für den Arbeitsmarkt 45+

Anhand praxisnaher Lösungen erarbeiten die Berner Fachhochschule und die Universität Bern tragfähiges Wissen zur Gestaltung von Arbeitsstrukturen und Arbeitsbedingungen für ältere Arbeitnehmende. Das Projekt beleuchtet die relevanten Aspekte aus Sicht der Arbeitnehmenden 45+, aus Sicht der Arbeitgeber und aus gesamtgesellschaftlicher Perspektive. Begleitet und unterstützt wird das Vorhaben von einem Expertengremium, das aus Vertreterinnen und Vertretern von Grossunternehmen, KMUs und Bundesstellen besteht.

Ageing & Living in Place

Die Fachhochschule Nordwestschweiz dokumentiert und analysiert die Lebenslagen und sozialen Beziehungen älterer Menschen und ihrer Angehörigen in ihrem sozialen und räumlichen Umfeld. Dazu führt sie einen schweizweiten Alters-Survey durch und erstellt einen digitalen Alters-Atlas, um auf der Grundlage robuster Daten mit Vertreterinnen und Vertretern aus Politik und Praxis zukunftsfähige Konzepte und Modelle für ein altersgerechtes Leben und Wohnen anzustossen und ein verantwortungsvolles Planen und Entscheiden zu ermöglichen.

Betroffene einbeziehen

Ein besonderer Ansatz des Netzwerkes besteht darin, nicht nur wichtige gesellschaftliche Akteure aus Politik und Wirtschaft einzubeziehen, sondern vor allem auch mit den Betroffenen der Ageing Society selbst nachhaltige Strukturen zu entwickeln. Dieser partizipatipative Ansatz zeichnet das methodische Vorgehen im Netzwerk aus. In den Entwicklungsprozess werden Senioreninnen und Senioren, deren Angehörige und weitere Bezugsgruppen ausdrücklich miteinbezogen. Der Wissenstransfer geschieht über Doktorandenprogramme, über die Vermittlung des neuen Know-Hows in Lehre und Weiterbildung, an öffentlichen Fachtagungen und Veranstaltungen. So kann sich die Schweiz im Umgang mit dem demographischen Wandel international positionieren und damit über die nächsten Jahre relevante Entwicklungen im Altersbereich anstossen.