Das spielerische Potenzial von Robotern

Wie reagieren Menschen mit Demenz auf Roboter? Sabina Misoch, Leiterin des Interdisziplinären Kompetenzzentrums Alter, hat sich mit Professor Toshimitsu Hamada der Tsukuba Universität, einer der besten Universitäten Japans, und seinem Forscherteam darüber ausgetauscht. Im Bereich der Robotertherapie-Forschung in Altersheimen gilt er als Pionier. 

Lea Müller, Sabina Misoch

Seit Ende der 90er-Jahre forscht Toshimitsu Hamada über den therapeutischen Einsatz von Robotern in Altersheimen, vor allem für Menschen mit Demenz. Angefangen mit dem bekannten Sony-Roboterhund AIBO, der 1999 Einzug in die Verkaufsregale Japans und des Rests der Welt hielt.

Heute sind alle möglichen Therapieroboter im Einsatz – von der Robbe PARO bis zu humanoiden Robotern. Sie alle haben das gleiche Ziel: Sie sollen die Menschen im Altersheim emotional aktivieren, zur Kommunikation oder Bewegung anregen und somit ihr subjektives Wohlbefinden steigern.

Emotionen geweckt

Toshimitsu Hamada hat Sabina Misoch beim persönlichen Treffen in Tokyo Videoaufnahmen aus seinen Studien gezeigt. In diesen werden Tierroboter für die Aktivierung von Menschen mit mittlerer bis schwerer Demenz, die im Altersheim leben, eingesetzt. In seinen Studien hat Hamada vor allem mit verschiedenen Modellen des AIBO; mit Palro (einem bei uns unbekannten Roboter), mit NAO, mit der Roboterkatze NeCoRo oder auch mit PARO gearbeitet.

Es sei sehr beeindruckend, wie es mit dem Einsatz der Roboter gelinge, die Menschen mit Demenz zu aktivieren, berichtet Sabina Misoch. Unter anderem wurde ein Wettrennen mit den Roboterhunden veranstaltet, bei dem die Hunde eine rosa Ball fangen sollten. «Die Freude in den Gesichtern der Teilnehmenden, die jeweils einen ‹eigenen› Hund hatten, der mitrannte, hat mich sehr beeindruckt», erzählt Sabina Misoch. In diesem spielerischen Einsatz von Robotern sieht sie viel Potenzial für die Arbeit mit Menschen mit Demenz.

Interessant findet Sabina Misoch auch, dass die Roboter-Therapie in japanischen Altersheimen doch nicht so unumstritten und von allem Beteiligten akzeptiert ist, wie gedacht. Gemäss Professor Hamada fürchtet auch in Japan das Pflegepersonal um seine Jobs, wenn Robotiksysteme systematisch zum Einsatz kommen würden. Im gleichen Atemzug entkräftet er aber diese Sorgen und betont, dass es bei jedem therapeutischen Roboter-Einsatz immer auch Instruktoren brauche.

Der Roboter scheint beliebter als der Instruktor

«Es ist schon beeindruckend zu sehen, wie einfache Gymnastikübungen, die von einem humanoiden Roboter vorgemacht und von einem Instruktor überwacht werden, die Menschen mit Demenz zur Beteiligung aktivieren», erzählt Sabina Misoch. Besonders beliebt sei in japanischen Altersheimen der Einsatz von Robotern, die zusammen mit Menschen mit Demenz Lieder singen.

Hier gibt es gemäss Misoch einige verschiedene Modelle, die zum Einsatz kommen, unter anderen auch Roboter, die wie eine 30 bis 40 cm grosse Stoffpuppe gestaltet sind. Diese sind besonders beliebt, weil sie anfangen zu singen, wenn man sie an beiden Händen nimmt. Diese hätten ein so grosses Lieder-Repertoire, dass man vorher nie wisse, welches Lied als nächstes komme, berichtete Hamada.

Hamadas Studien zeigen, dass viele Menschen mit Demenz mittels verschiedener Roboter aktiviert werden können. Gerade im Bereich der Demenz sei der mentale und soziale Aspekt der Pflege nicht zu unterschätzen, betonte er. Der Einsatz von Robotern, so resümierte Hamada, sei in Japan noch nicht flächendeckend in den Altersheimen verbreitet, da die Kosten eine Hürde darstellen würden und Fragen nach den Optionen der Robotersteuerung noch nicht geklärt seien. Der Einsatz habe auch in Japan noch experimentellen Charakter.